Mitterfels. Vom „eher bescheidenen Dorf“ zum Markt

Eine mächtige Burganlage und ein „bescheidenes Dorf“ Mitterfels besteht aus einer mächtigen Burganlage und einem bescheidenen Dorf mit neunzehn schindelgedeckten Holzhäusern und Sölden, in denen das Burgvolk lebte, das im Schloss selbst keinen Platz fand. So heißt es im Sal- und Urbars-Buch (Steuerbuch) des fürstlichen Kastenamts anno 1579. Das „bescheidene Dorf“ Mitterfels veränderte sich auch in den nächsten 300 Jahren nicht grundlegend, auch wenn Mitterfels als Sitz eines Landgerichtes eine wichtige administrative Bedeutung hatte. Der Vergleich der Uraufnahmeblätter Mitterfels (aus den Jahren 1828/1831) mit der nachfolgenden Karte um das Jahr 1900 (rechts unten) zeigt, dass die Entwicklung von Mitterfels auch im 19. Jahrhundert (und bis weit in das 20. Jahrhundert hinein) nur sehr langsam erfolgte. Nur im Bereich der (heutigen) Lindenstraße und Straubinger Straße sind (in der Karte von 1900 zu sehen) einige Häuser dazugekommen. Auch im Vergleich der Karte von 1900 mit der „Original-Fliegeraufnahme“ von 1935 ist keine große bauliche Veränderung festzustellen. Das Beamtendorf Mitterfels Dass das „kleine“ Dorf Mitterfels trotzdem sich im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts von den Dörfern im Bezirk abhob, hatte es seiner administrativen Bedeutung zu verdanken. Es war seit 1280 Gerichtssitz, war Sitz eines Rentamtes (1803 bis 1932), eines Messungsamtes (1890 bis 1930), eines Notariats (seit 1862 bis heute), hatte ein kleines Krankenhaus (1895 bis 1936), die erste Sparkasse im Bezirk, eine Apotheke (seit 1816) und seit 1896 Bahnanschluss (bis 1984). Das „kleine“ Mitterfels war ein Beamtendorf mit einem recht speziellen kulturellen Leben. Aber es war ein Dorf und kein Markt – wie andere Gerichtssitze. Auch wenn bei Ansichtskarten zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Platz an der Friedenseiche gelegentlich als Marktplatz bezeichnet. Die früher abgehaltenen Märkte waren eher bescheiden, bemerkenswerter eher das „Outfit“ der zwei abgebildeten Marktbesucherinnen (links) - wahrscheinlich Beamtensgattinnen – wie auf der Postkarte „Markttag 1910“. Gravierende Veränderungen nach dem Zweiten Weltkrieg Gravierende Veränderungen brachten die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Zuzug vieler Flüchtlinge und Heimatvertriebenen, die teilweise ein Drittel der Bevölkerung ausmachten. Damit lag Mitterfels weit über dem damaligen Durchschnitt. Kaum waren die schwierigsten Dinge der Nachkriegszeit halbwegs geordnet, da wurden in Mitterfels bereits die alten, großen Probleme angegangen. Bürgermeister Albert Dietl jun. wagte sich an Projekte, die allein schon wegen der ungewohnt erscheinenden Kosten manch bedächtigen Alteingesessenen eher aufschreckten als erfreuten. Dietl verstand geschickt, die Stunde zu nutzen, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen aufzugreifen und hohe Zuschusshilfen zu erwirken, für Projekte zur Verbesserung der Infrastruktur von Mitterfels, Strom- und Wasserversorgung, Straßenausbau, Müllabfuhr und eine (vorläufige) Kanalisation, und die vielen sozialen Ideen, die er verwirklichte (z. B. beim Wohnungsbau durch die Kreisbaugenossenschaft, beim Fremdenverkehr oder bei der Organisation eines Treffens ehemaliger Mitterfelser …). Seit 1948 hatte Mitterfels ein richtiges "Rathaus" anstelle einer sonst üblichen einfachen "Gemeindekanzlei". Es war zudem ein schmuckes Haus, noch als Dr. Hornef-Villa in Erinnerung, ab 1938 Sitz eines NSV-Kindergartens. Um billige 20.000 Reichsmark konnte es die Gemeinde aus dem Nachlass des Dritten Reiches erwerben, mitsamt Garten und großem Umland. Erschließung von Baumaßnahmen Ab den 1960er-Jahren wuchs Mitterfels erstmals stark in der Fläche. Die Erschließung von Baugebieten hatte Fahrt aufgenommen. Die Postkarte von 1955 zeigt bereits die allmähliche Verlagerung der baulichen und geschäftlichen Entwicklung zur Straubinger Straße und Bayerwaldstraße. Im November 1957 genehmigte das Bayer. Staatsministerium des Innern das Mitterfelser Gemeindewappen. Angeregt hatte es 1955 Franz Lohbauer, und Amtsgerichtsrat Dr. Fischer hatte einen Entwurf vorgelegt, der vom Staatsarchiv nur geringfügig geändert wurde. Im roten Schildhaupt ist das Schwert Symbol der 600-jährigen Hochgerichtsbarkeit; die weiß-blauen Rauten darunter verweisen auf die Zugehörigkeit zur Grafschaft Bogen; die Tanne auf grünem Hügel ist ein Hinweis auf die Lage im Bayer. Wald. Mit dem Wieder-Aufwärtsgehen wurde auch in Mitterfels das Anstreben eines "Marktes" erwogen. Für Bürgermeister Dietl stellte sich die Frage nicht. Sein Grundsatz war: Lieber ein dörflicher "Luftkurort" als ein "Markt" ohne die nötigen Voraussetzungen. Nach zwei Jahrzehnten Aufwärtsentwicklung sah es freilich anders aus, sowohl vom Ortsbild her, als auch aus der Sicht der Versorgungs- und Verkehrseinrichtungen. Der Schwerpunkt aber lag bei der geschichtlich gewachsenen Zentralstellung, nicht zuletzt bei dem guten Ruf als Fremdenverkehrsort und Luftkurort. Antrag auf Markterhebung Am 3. Februar 1968 fasste der Gemeinderat unter Bürgermeister Uekermann einstimmig den Beschluss, Antrag auf Verleihung der Bezeichnung "Markt" zu stellen. Eine ausführliche Begründung lag bei. Die Entscheidung in München fiel überraschend schnell. Am 5. Juli 1968 stand sie im Staatsanzeiger: "Mit Entschließung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern von heute wurde der Gemeinde Mitterfels die Bezeichnung "Markt" verliehen. Gez. Dr. Merk, Staatsminister." Feierlichkeiten mit breitem Rahmenprogramm Am 4.August 1968 wurde die Markterhebung gebührend gefeiert. Ein breites Rahmenprogramm war vorbereitet: Im Schulhaus hatte Ing. Max Großkopf eine Kunstausstellung organisiert, ergänzt mit Werken des verstorbenen Mitterfelser Graphikers Georg Fritz. Die TSV-Gruppen warteten mit einem abwechslungsreichen Programm sportlicher Wettkämpfe und Vorführungen auf; die Bundeswehr zeigte Gerät und speiste aus der Feldküche; und im Bierzelt konnte vor- und nachgefeiert werden. Der Festakt in der neuen Turnhalle wurde verschönert durch den Orchesterverein Bogen und die Liedertafel Mitterfels. OL Paul Stahl fungierte als Chronist, Landrat Hafner bezeichnete Mitterfels als das Herz des Landkreises, Regierungspräsident Riederer bestätigte dem Ort die Erfüllung aller Forderungen für eine Markterhebung, Schwarzachs Bürgermeister Karl Biller überreichte seinem Amtskollegen Walter Uekermann die von der Patengemeinde Schwarzach gestiftete Amtskette. Das schönste Geburtstagsgeschenk aber war die Chronik „800 Jahre Geschichte um Mitterfels", die der Verfasser OStR. Max Lachner aus München persönlich übergab (und deren Neuauflage wir hier in Händen halten). Text und Bildrecherchen/Grafiken: Franz Tosch – mit Textpassagen aus Franz Wartner, Vom Dorf zum Markt, aus: Chronik Markt Mitterfels