1992: Hannes Lehner zum 20-jährigen Bestehen des Heimatmuseums (Burgmuseums):
Eine „waidlerische Erfolgsgeschichte“ nahm 1982 ihren Lauf

Vor rund zwanzig Jahren fand man in den niederbayerischen Museen hautsächlich eines: glitzernde Schmuckstücke und goldene Orden. Größtenteils nur schöne und teure Gegenstände aus den letzten Jahrhunderten. Kaum ein Museumsleiter wagte, einfach nur Nähmaschinen, Kochtöpfe oder altes Werkzeug in seine Vitrinen zu stellen. Einer der wenigen, der diesen Schritt tat, war Josef Brembeck. Er richtete das Mitterfelser Heimatmuseum [gängiger Name heute: Burgmuseum – Red.] ein. Lediglich mit Gegenständen aus dem Alltag der einfachen Leute. Inzwischen hat sich diese Museumsart etabliert. Auch das Heimatmuseum im Markt Mitterfels. Nicht nur für den Luftkurort, sondern für den ganzen Landkreis ist es inzwischen zu einer Bereicherung der kulturellen Landschaft geworden.
Im Dezember des letzten Jahres [2002 – Red.] wurde mit einem Festakt das 20-jährige Bestehen des Museums gefeiert. Kreisarchäologe Karl Böhm ließ in seiner Festrede die Geschichte vom Mitterfelser Heimatmuseum Revue passieren. Es sei eine "waidlerische Erfolgsgeschichte”, sagte er. Im Mittelpunkt seiner Erzählung stand jedoch nicht das Museum selbst, sondern Josef Brembeck, der nicht nur seine gesammelten Raritäten für das Museum zur Verfügung stellte. Er allein konzipierte die Ausstellung in den Räumen des ehemaligen Gefängnisses.
Die Geschichte des Museums begann 1982 im Mitterfelser Ortsteil Scheibelsgrub. Im dortigen Maifest brachte der damalige Bürgermeister Werner Lang alles ins Rollen. Da die Räume des ehemaligen Land- und Amtsgerichtsgefängnisses gerade frei geworden waren und Lang von der Sammelleidenschaft Brembecks wusste, machte er dem Haselbacher im Bierzelt ein unwiderstehliches Angebot: Mit den über Jahrzehnte gehorteten Raritäten könnte er doch im ehemaligen Gefängnistrakt ein Museum einrichten. Gesagt, getan. Wo einst Gefangene in kleinen Zellen für ihre Straftaten gebüßt hatten, entstand ein Heimatmuseum.
Langs Angebot sei für ihn eine einmalige Chance gewesen, erinnert sich Brembeck. Was er über Jahrzehnte zusammengetragen hatte, konnte er so der Öffentlichkeit zugänglich machen. Und das war alles andere als wenig. Bereits als Bub habe er alte Gegenstände gesammelt, erzählt er. Doch so richtig habe ihn die Sammelleidenschaft erst bei Kriegsende gepackt, sagt Brembeck. Der Absturz einer US-amerikanischen Militärmaschine bei Haselbach im Jahr 1945 sei ausschlaggebend gewesen. Eine Goldgrube für den damals 13-jährigen Josef.
Einmal mit seinen alten Lampen, Butterfässern, Bildern und Uhren ein ganzes Museum auszustatten, konnte sich der heutige Museumsleiter damals nicht im Entferntesten vorstellen. Er sammelte nur aus einem Grund: um Gegenstände als Zeugnisse von altem Brauchtum und vergangener Lebensweise zu bewahren. Doch 1982 ging es Schlag auf Schlag. Nicht einmal neun Monate dauerte es, bis nach dem Bierzeltbesuch Anfang Mai das Erdgeschoss des ehemaligen Gefängnisses zum Museum umfunktioniert worden war. "Die Räume waren ziemlich runtergekommen”, sagt Altbürgermeister Lang. Doch mit einem billigen Darlehen seien die vom Freistaat angemieteten Räumlichkeiten kostenaufwändig saniert worden.
Brembeck, der hauptberuflich bei der Firma Nolte in Hunderdorf arbeitete, konnte mehr als die Hälfte des Gebäudes "auf einen Schlag” einrichten. Innerhalb kürzester Zeit entstand eine Ausstellung, die das Leben der einfachen Leute vom Ende des 19. bis hinein in die Anfänge des 20. Jahrhunderts dokumentiert. Sei es die Bauernstube mit den gusseisernen Pfannen auf dem Herd oder der Schlafraum mit dem alten Bett, bei dem ein Strohsack als Matratze diente - mit jedem Schritt dringt der Besucher des Mitterfelser Museums tiefer in die Welt der heimischen, ländlichen Bevölkerung zur vorletzten Jahrhundertwende ein.
Die ehemaligen Zellen des Gefängnistraktes wandelte Brembeck zu Werkstätten um. Die Ausstattung der Dorfschmiede, der Schusterwerkstatt oder der Goldschmiede versetzten nicht nur einen Handwerker in Urgroßelterns Zeiten. Brembeck ist mit seiner Ausstellung nicht nur die realistische Darstellung von alter, teilweise schon ausgestorbener Handwerkskunst gelungen.
Der Museumsbesucher wird in den Ausstellungsräumen nicht mit ordentlich aufgereihten Werkzeugen in Glasvitrinen konfrontiert. Durch die umherliegenden Hämmer, Zangen und Sägen wird ein ganz anderer Eindruck vermittelt. Die Atmosphäre, die vor gut 100 Jahren in einer Wagnerei geherrscht haben mag, wird lebendig. Man glaubt, der Wagnermeister hat gerade erst sein Werkzeug beiseitegelegt. Die Vergangenheit wird nicht kalt und statisch dargestellt - sie scheint gerade erst mit der Gegenwart verschmolzen zu sein.
Brembecks Sammlung beschränkt sich aber nicht nur auf über 100 Jahre altes Werkzeug und bäuerliche Wohnungseinrichtung. Was im Mitterfelser Museum zu sehen ist, stellt nur einen kleinen Teil des Zusammengetragenen dar. Nachdem Brembeck 1945 ganze Teile des abgestürzten viermotorigen US-Bombers abmontiert und zu sich nach Hause gebracht hatte, war seine Sammelleidenschaft nicht mehr zu bremsen. Mit der Zeit wurde die Arbeit des leidenschaftlichen Sammlers immer professioneller. Zuerst noch mit dem Fahrrad etwas in der Mobilität und dem Transport der Sammelware eingeschränkt, ging es dann mit dem Auto durch den ganzen Landkreis zu alten Häusern und Bauernhöfen, die vor dem Abriss standen.
Auf den Dachböden ging die Suche nach Rarem, Besonderem, Extravagantem oder einfach nur Altem los. Er suchte dort, wo die Hausbesitzer nicht glaubten etwas zu finden. Und Brembeck wurde fündig: in doppelten Fußböden, hintersten Ecken des Giebels oder sonstigen Verstecken, die seiner Spürnase nicht verborgen blieben.
Wie viele andere Gegenstände fanden zahlreiche wertvolle Dokumente vergangener Zeiten keinen Platz im Heimatmuseum. "Es ist einfach zu viel Zeug”, sagt er. Dennoch hat er es bis zum 10. Dezember 1982 geschafft, eine übersichtlich konzipierte Ausstellung im ehemaligen Gefängnis einzurichten. Als fachkundigen Museumsführer habe man den ehemaligen Mitterfelser Rektor Franz Wartner gewinnen können, sagt Lang. Nach der Eröffnung kamen in den ersten Jahren Tausende Besucher in das ehemalige Gefängnis. Grund genug das Museum zu erweitern. Bereits zwei Jahre später mietete die Gemeinde auch die Räume im ersten Stock des Gebäudes an. Und wieder war es für Brembeck kein Problem, die zahlreichen Vitrinen innerhalb kürzester Zeit mit alten Figuren, Rosenkränzen oder Votivgaben zu füllen.
Besonders stolz ist der gelernte Friseur auf seine Uhren-Sammlung. Von Sonnenuhren bis hin zum kompletten Uhrwerk einer Kirchenuhr ist hier alles vertreten.
Doch allein mit dem Sammeln alter Gegenstände und Gerätschaften war es nicht getan. Meist habe er die alten Figuren, Butterfässer oder Waffen, die heute im Museum zu sehen sind, in schlechtem Zustand erworben, erzählt Brembeck. Nächtelange Restaurationsarbeit ging mit der Sammelleidenschaft einher.
Dass er über die handwerkliche Fertigkeit und den künstlerischen Sinn dafür verfügt, bewies Brembeck bereits auf einem anderen Gebiet: mit seinen zahlreichen Krippen - seine zweite Leidenschaft, mit der er sich über die Landkreisgrenzen hinaus einen Namen gemacht hat. "Er ist einfach ein Universalgenie. Ohne ihn wäre Mitterfels um einiges ärmer”, sagt Sigrun Baumann, Leiterin des Verkehrsbüros der Marktgemeinde.